»Im Grunde ist die ganze Aktion mit Rumänien nur ein aus dem Ruder gelaufenes Sabbatical. Statt der ganzen Welt stand uns nun ein stabil ummauerter Bauernhof offen – und die Tür ins Herz eines transsilvanischen Dorfes. Eine […] unverhoffte Vergrößerung unseres kulturellen Horizontes.«
Tatsächlich Transsilvanien von Rita Klaus (DuMont Reiseverlag) erzählt die wahre Geschichte einer Auswandererfamilie, die das echte Leben Rumäniens kennenlernt. Mit allem was dazu gehört. Im hügeligen Herzen Rumäniens verliebt sich die sechsköpfige Familie aus Oberbayern Hals über Kopf in eine hundertjährige, unrenovierte Villa. Diese liegt in einem kleinen Dorf mit bunten Bauernhöfen und drei Storchennestern, ohne Kanalisation und mit Plumpsklo im Hof. Bei Vollmond heult hinter der Kirche ein einsamer Wolf, und manchmal heulen die Straßenhunde mit.
„Wer in ein fremdes Land auswandert, sollte sich rechtzeitig mit dessen Sitten, Gebräuchen und selbstverständlich auch der Sprache auseinandersetzen. Was ist das A und O bei solch eventuell lebensverändernden Entscheidungen wie Eheschließung, Autokauf oder Auswanderung? Gute Vorbereitung! Okay, wir geben an dieser Stelle zu: Bei uns war da nix mit rechtzeitig und Vorbereitung. Bei uns war da eher so Hau-Ruck und Wird-schon-irgendwie-gut-gehen.
Ohne Plan doch voller Tatendrang, Offenheit und Erfindertum stürzen sie sich in ihr ganz persönliches Auswander-Abenteuer und dabei ergeben sich natürlich allerlei witzige wie auch skurrile Begebenheiten. Ob durch das Fehlen wichtiger rumänischer Alltagsskills – wie Holz hacken für den Winter, Truthahn schlachten und Spinat einkochen – oder auch durch die anfängliche Sprachbarriere. So wird bei der Erwiderung der Glückwünsche zum Abschied aus gleichfalls auch mal und anders, aus der freudigen Überraschung über den Sonderangebotspreis im Dorfladen versehentlich Verärgerung und aus dem bevorstehenden Urlaub bei der Unterhaltung in der Autowerkstatt auch mal ein Großbrand, nachdem man den netten Jungs zur Verabschiedung nicht zugerufen hat damit nichts passiert sondern dass sie sich das nicht implantieren lassen sollen.
Kontaktfreudig und offen werden sie in dem kleinen Dorf aufgenommen. Dabei treffen im wahrsten Sinne des Wortes bayrisch-deutsch geprägte Lebensstandards auf im Hinterhof schnapsbrennende Omas sowie lebenskluge und pragmatische Selbstversorger-Nachbarn und es fließen auch schon mal „Blut, Schweiß, Diesel, diverse Körperflüssigkeiten, selbst gebrannter Schnaps und nochmal Blut“.
Zwischen all dem räumt die Autorin, selbst Gothic- und Dracula-Fan, mit allerlei Mythen und Vorurteilen auf, erklärt volkstümliche Legenden, gibt einheimische Rezepte weiter und – so ganz nebenbei – praktische Alltagstipps und Erkenntnisse aus dem Leben dort, wie etwa „Der Fleischwolf ist der rumänische Thermomix“ (denn schließlich kann man mit ihm auch andere Dinge zerkleinern: Zwiebeln, Obst, sogar ganze Nüsse).
„Tatsächlich Transsilvanien“ ist nicht nur der Titel des Buches, sondern auch die Frage, die Rita und ihrer Familie von den völlig verdutzten Freunden und Bekannten am meisten gestellt wird, denen sie ihre Auswanderpläne erzählten. Doch nach anfänglichen Schwierigkeiten können sie nun resümieren: „Nein, unser Weg nach Transsilvanien war nicht einfach.“ Aber für sie steht fest, dass „sich das Leben in Rumänien intensiver anfühlt. Echter. Richtiger.“ Denn: „in Rumänien laufen die Uhren sprichwörtlich anders, und zwar vorwärts und rückwärts. Gleichzeitig. Es fühlt sich so an, als ob man das Rad der Zeit anhalten und so lange zurückdrehen könnte, bis man wieder mit seinem eigenen atemlos hinterherhetzenden Bewusstsein vereinigt ist.“
Rita Klaus: Tatsächlich Transsilvanien —
Aus dem verrückten Alltag einer bayerischen Auswandererfamilie
DuMont Reiseverlag
280 Seiten
Preis: € 17,95 (D) /
€ 19,50 (A) / CHF 24,90
ISBN: 978-3-616-03234-4
Erscheint am 15.09.2023