»Möglichkeiten, sich Ärger einzufangen, gibt es eben viele in Berlin. Dass ich aber einmal mit Mitte vierzig durch die Straßen Berlins wetze, weil ich befürchten muss, einem Mob stark alkoholisierter Finnen zum Opfer zu fallen, die ich zuvor aus meiner Ferienwohnung geworfen habe, damit hätte ich nicht gerechnet.«
Jens Brambusch
Jens Brambusch hat in seinem Leben schon viel erlebt. Bereits während seines Studiums der Arabistik und später als Reporter für die Financial Times Deutschland war er oft in der Welt unterwegs und lernte dabei die unterschiedlichsten Menschen und Persönlichkeiten kennen. Als die Wirtschaftszeitung 2012 eingestellt wird, verschlägt es ihn von Hamburg nach Berlin und damit in ein spannendes Abenteuer der ganz anderen Art.
Auf der Suche nach einer geeigneten Wohnung entscheidet er sich nach zahlreichen Besichtigungen für eine gemütliche Zweizimmerwohnung in Berlin Friedrichshain. Das unschlagbare Kaufargument: Die Kneipe „Kneipe“ im Vorderhaus, die zu seinem zweiten Wohnzimmer wird. Als später dann auch noch die Wohnung über ihm frei wird kommt ihm die Idee, die erste Wohnung über Airbnb zu vermieten und selbst in die Wohnung darüber einzuziehen. „Was habe ich schon zu verlieren? […] Einen Versuch ist es auf jeden Fall wert!“, meint er optimistisch.
80 Quadratmeter im Hinterhaus eines Berliner Altbaus, knarzende Dielen und hohe Decken – die besten Voraussetzungen also, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Mit viel Liebe zum Detail richtet er die Wohnung für die kommenden Bewohner auf Zeit ein. Dabei setzt er auf besondere Extras, individuelle Einzelstücke und besonderen Service. Neben einem schwedischen Kamin für gemütliche Abende im Wohnzimmer und einem Grill auf dem Balkon finden sich bald auch ein zum Bett umfunktionierbares Sofa, ein Kastenkoffer als Couchtisch aus DDR-Zeiten und ein Telefon aus den Fünfzigerjahren. Als weiterer Pluspunkt, um sich seine Gäste gewogen zu machen, stellt er nicht nur eine, sondern gleich zwei Kaffeemaschinen für die tägliche Koffeinzufuhr zur Verfügung.
So ausgestattet kommen schließlich die ersten Gäste und seine Zeit als nebenberuflicher Hobby-Hotelier und, wie er selbst sagt, seine Reise vom Saulus zum Paulus beginnt. Immer mit dabei ist die Besitzerin und selbsternannte Königin der „Kneipe“, Uschi, die ihm mit Rat und Tat und wahlweise auch als Blockwart und Putzhilfe zur Seite steht. Der Plan geht auf. Sein spontaner Einfall wird schnell mit netten Gästen, Bestbewertungen und dem ein oder anderen Euro auf dem Konto belohnt. Alles läuft so hervorragend, dass er die Horrorgeschichten, die er gehört und gelesen hat, schon ins Reich der Mythen wähnt. Doch dann kommt Nadav…
Nach und nach beginnt die perfekte Fassade des Airbnb-Gastgebertums zu bröckeln und er muss erkennen, wie sich sowohl die Gäste und ihre Ansprüche als auch der Tourismus als solcher in Berlin immer stärker verändern. Dabei sieht er sich schließlich immer stärkeren Herausforderungen und Problemen gegenüber. Das Motto von Airbnb lautet zwar „Live like a local“, was er jedoch selbst erlebt ist viel mehr „Party hard“. Und so entstehen allerlei nette, aber auch unzählige skurrile Episoden.
Jens Brambusch, 1972 in Düsseldorf geboren, studierte Arabistik an Orten wie Ramallah, Izmir und Würzburg, ehe er zur Financial Times Deutschland wechselte. Später schrieb er für das Wirtschaftsmagazin Capital. Seine Reportagen wurden mehrfach für Medienpreise nominiert, darunter der Deutsche Journalistenpreis (2012 und 2017), der Ernst-Schneider-Preis (2017) und der Medienpreis Mittelstand (2018). 2014 gewann er den Deutschen Wirtschaftsfilmpreis mit dem WDR-Team von Plusminus und 2016 den Medienpreis Luft- und Raumfahrt. Seit 2015 ist er Mitglied der Jury „Investigativ“ beim Nannen-Preis. Jens Brambusch lebt derzeit auf einem Segelboot im Mittelmeer.
Jens Brambusch: Rollkofferterroristen – Die selbstironische Abrechnung eines Berliner Airbnb-Gastgebers
DuMont Reiseverlag
248 Seiten
Preis: € 16,95 (D) / 18,50 (A) / 23,90 (CH)
ISBN: 978-3-7701-9189-5
Erscheint am 15. September 2021